Kommunikation

Es ist ja verständlich, dass Termine ausmachen in jeder Kultur anderen Regeln gehorcht.
So is es z. B. bei mir im Mühlviertel völlig normal, zu sagen, dass frau "dann" kommt, was dann halt "dann" irgendwann ist.
In Wien habe ich die Erfahrung gemacht, dass ein "dann" nicht so gern gehört wird, der/ die WienerIn fühlt sich mit Zeitangaben offensichtlich wohler.
Ähnliches gilt für den Zeitraum vor den fokussierten Termin/ Treffen.
Einen Tag vorher? Eine Stunde vorher? Gar nicht?

Fragen über Fragen.

Haben es beide Partein dann geschafft, sich zu treffen, wird die Verabschiedung meines Erachtens nicht weniger kompliziert:
So ist es bei mir daheim Brauch nach der verwendeten Floskeln des Aufbruchs (die übrigens bei den ersten beiden Malen nicht als ernsthafte Ankündigung, sondern nur als Vorbereitung für den baldigen Aufbruch dient), noch mindestens eine Zigarette zu rauchen, während in Wien eher das Prinzip: sagen, zahlen, anziehen, zischen gilt.
Ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich mich schon völlig verwirrt, mitten im Satz auf mutterseelen alleine in einer Gasse, einem Steig oder einer Straße wiedergefunden habe.

Wirklich schwierig wird es aber bei Menschen, die nachweislich nicht aus Österreich stammen, v.a. wenn man/ frau sich zum ersten Mal mit den Personen trifft.

In diesen Fällen gilt sozusagen der "rechtslose" Raum und völlige Treff-Anarchie.

Als ich mich zum ersten Mal mit einem Gambianer getroffen habe, bin ich extra eine halbe Stunde zu spät gekommen, um mich anzupassen (damals hatte ich noch die wahnwitzige Vorstellung, Gamianer wären nicht pünktlich). Beim vereinbarten Treffpunkt war die Person aber bereits gegangen, weil sie dachte, ich würde nicht kommen, war sie doch, um sich an mich anzupassen, extra eine halbe Stunde zu früh dran.

Überhaupt ist das Vorurteil, Österreicher wären pünktlich, die Rache des Rests der Welt an eben dem Bergvolk, unter der ich wirklich leide, da ich einfach nicht pünktlich bin.

Den Höhepunkt der komplizierten Treff Regelfindungen habe ich aber in den letzten Tagen erlebt, als ich versuchte, Palästina nach Österreich zu bekommen, um ein paar Dinge in der Wohnung zu erledigen (ich habe Höhenangst und erklimme keinen Stuhl, geschweige denn eine Leiter. Blöderweise befinden sich meine Wintersachen aber alle auf dem Kasten. Folgend friere ich momentan gewaltig).

Die schlaue Frau denkt also an Kulturaustausch und fragt in Palästina nach (liegt ja um die Ecke), ob es nicht ein Akt nachbarschaftlicher Freundschaft wäre, ebendiese Kiste vom Kasten zu hiefen.

Bis jetzt nicht wirklich ein Meisterstück.

Das war am Dienstag. Seitdem versuchen Palästina und ich täglich, ein Treffen zu arrangieren, bisher ohne Erfolg. Mittwoch tauschten wir mögliche Termine aus.
So verbrachte ich den Donnerstag nachmittag z.B. wartend in der Wohnung, ohne ein Spur von Palästina, das wiederum dachte, es wäre nicht fix, ich hätte ja sonst angerufen.
Was ist bitte an dem Satz: Hast du heute Zeit, ich bin zu Hause. nicht verbindlich????

Freitags ein ähnliches Spiel, diesmal aber ungekehrt. Palästina wartete vor dem gemeinsamen Arbeitsplatz auch mich, die aber bereits am Heimweg war, weil ich dachte, Palästina hätte keine Zeit. (ich zitiere: Heute muss ich arbeiten). Gestern eingiten wir uns schließlich unwiederruflich auf heute nachmittag.

Also:
Dritter Versuch, heute:
erster Anruf meinerseits ca. 14.00 - keine Antwort.
zweiter Versuch: ca. 16.00 - wieder keine Antwort.
dritter Versuch: SMS gegen 19.30
10 Minten später ein Anruf von Palästina, mit der Frage, ob das denn meine NUmmer wäre.
Antwort: ja, das ist meine nummer.
Palästina: Echt, das hättest du mir sagen sollen, ich hebe nie bei fremden nummern ab.
Ich: Aber du hast meine nummer seit DIENSTAG.
Palästina: Aber ich habe sie nicht eingespeichert.

Es folgen Vorwürfe, wer warum wessen NUmmer nicht hat oder schon hat und wer wen wann hätte anrufen müssen (das Gespräch findet übrigens in einem Misch Masch aus Arabsich, Mühlviertlerisch, Englich und Deutsch statt).
Wir einigen uns auf eine kurze Verschnaufpause und auf eine Fortsetzung des Gesprächs in einer Stunde.

Nach einer Stunde ruf ich wieder an und habe Palästina s Chef an der Leitung.
Chef: Sie müssen Deutsch mit Palästina reden.
ICh: mit wem red ich denn.
Chef: mit Palästinas Chef (es folgt eine ca. 3 Minütige Erklärung über die Bedeutung des Worts Chef in der Arabischen Welt).
Ich: Ok, wo ist Paläsina?
Chef: Der arbeitet.
Ich: kann ich mit ihm reden?

(Nun eine ca. 2 Minütige disskussion auf Arabsich im Hintergrund, ich habe keine Ahnung worüber)

Palästina: ja, bitte?
Ich: kannst du jetzt kommen oder nicht?
Paläsina: Wann, heute? Nein heute arbeite ich, hab ich dir das nicht gesagt?

Paläsina, der Chef, ein Arbeitskollege von beiden und ich haben uns nun geeinigt, dass Palästina morgen nicht arbeiten muss und wir uns zusammenrufen werden.

Der Gedanke an meine Winterkleidung ist mittlerweile in den Hintergrund gerückt, vielmehr frage ich mich, wie ich ein tatsächliches Treffen mit Palästina (ich denke ca. am 5. Mai 2010 werden wir es schaffen) überstehen soll, wenn ich an die Zeitangaben, Pünklichkeits- und Verabschiedungsrituale denke.

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